Lachgas: Pro und Contra
Jan Baum
Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin
Krankenhaus St. Elisabeth-Stift, Damme



Lachgas ist für viele Anästhesisten - wie selbstverständlich - vertrauter Bestandteil des Trägergases. Seine gute Steuerbarkeit, ein nennenswerter analgetischer Effekt, seine, die kreislaufdepressiven Effekte der Inhalationsanästhetika kompensierende sympatikomimetische Wirkung, und der mit seinem Einsatz zu erzielende Einspareffekt an Anästhetika sind die häufigsten Argumente für den Gebrauch dieses Narkosegases. Etliche Argumente sprechen aber auch gegen den weiteren, zumindest aber den weiteren routinemäßigen Einsatz von Lachgas: Es gibt zahlreiche, hinlänglich bekannte Kontraindikationen für den Einsatz von Lachgas, im Tierexperiment ist es im Vergleich zu Stickstoff embryotoxisch und teratogen, sodaß die Arbeitsplatzkonzentration niedrig gehalten und wiederholt überprüft werden muß, das Gas ist ökologisch nicht unbedenklich, und sein Beitrag im Gesamtkonzept einer Inhalationsanästhesie ist von eher geringer Bedeutung. Bei Langzeitanwendung von Lachgas kommt es zu megaloblastischen Veränderungen des Knochenmarkes mit entsprechenden Veränderungen des peripheren Blutbildes. Diese sind auf die Vitamin B12–Hemmung zurückzuführen, die nicht nur eine Hemmung der DNA-Synthese, sondern auch Demyelinisierungsprozesse an Nervenzellen bewirken kann. In diesem Zusammenhang wurde in den vergangenen Jahren – mit zunehmender Häufigkeit - von schwerwiegenden neurologischen Störungen berichtet, die bei strengen Vegetariern auch nach vergleichsweise kurzer Anästhesie mit Lachgas aufgetreten sind. Weitere Argumente für einen Verzicht auf den Einsatz von Lachgas sind eher technischer Natur: In den Krankenhäusern könnte auf eine zentrale Gasversorgung mit diesem Gas völlig verzichtet werden- mit entsprechenden Einsparungen in der Logistik und der technischen Wartung, die Gasdosiersysteme an den Narkosegeräten könnten erheblich vereinfacht werden, und bei konsequentem Verzicht auf Lachgas können Narkosen mit geschlossenem System auch mit konventionellen Narkosegeräten in der Kliniksroutine realisiert werden. Dabei hat sich gezeigt, daß der mit dem Einsatz von Lachgas zu erreichende additive anästhetische Effekt eher unbedeutend ist und sich schon durch die Erhöhung der Konzentration um nicht mehr als das 0,2 bis 0,25-fache des MAC-Wertes des jeweiligen Narkosemittels ersetzen läßt. Alternativ hierzu können Opioide der neueren Generation mit ihrer guten Steuerbarkeit zum Einsatz kommen, um den fehlenden Effekt des Lachgases zu ersetzen. In der klinischen Praxis erweist sich der konsequente Verzicht auf den Einsatz von Lachgas sowohl bei der Durchführung von Inhalationsnarkosen als auch bei der Durchführung der intravenösen Anästhesie als völlig unproblematisch. In Anbetracht der Vielzahl der Argumente, die gegen den Einsatz von Lachgas sprechen, und seiner  vergleichsweise geringen Wirksamkeit im Rahmen einer Kombinationsanästhesie wäre es unwahrscheinlich, daß Stickoxidul bei den heute gültigen strengen Regularien noch als Narkosegas zugelassen würde (Zit.: Brodsky und Cohen).

Brodsky JB et al.: Adverse effects of nitrous oxide. Med Toxicol 1986; 1: 362-374
James MFM: Nitrous oxide: still useful in the year 2000? Curr Opin Anaesthesiol 1999; 12: 461-466
Baum J et al.: Lachgasfreie Niedrigflussnarkosen. Anaesthesiol Reanimat 2000; 25: 60-67
 

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